Robinson Crusoe
Ludwig Roselius war bei diesem letzten HausGrundlegend mit allen Nachweisen: Kirsten Leuenroth: Das Robinson-Crusoe-Haus, in: Projekt Böttcherstraße,hrsg von Hans Tallasch, Delmenhorst 2002, S. 197-207. Anekdotisch erzählend: Heinrich Schmidt-Barrien: Von der Bremer Böttcherstraße, Bremen o.J. (1998), S. 49-53; Zeitgenössische Artikel in Tageszeitungen und Zeitschriften: Karl Lerbs: Das Robinson-Crusoe-Haus in der Bremer Böttcherstraße, in: Hamburger Fremdenblatt, 2.Juni 1931; Ernst Müller-Scheessel: Das Robinson-Crusoe-Haus und das Haus Atlantis in der Böttcherstraße zu Bremen, in: Niedersachsen 36, 1931, S. 438ff. persönlich stärker involviert als bei den anderen Neubauten. Er wollte mit der Namensgebung Robinson Crusoe ein Denkmal setzen, weil er sich mit dem Titelhelden aus Daniel Defoes bekanntem Roman schon seit seiner Jugend identifizierte. Roselius war der Überzeugung, Robinson sei der Sohn von Bremen nach England ausgewanderter Kaufleute, mithin also ein Bremer Junge, der sich in der Fremde zurechtfand und als ‚gemachter Mann‘ aus Übersee in seine Heimat zurückkehrte. Den ‚Selfmademan‘, dem eine überseeische Exotik anhaftete, nutze Roselius für sein neu entwickeltes Kolonialprodukt ‚Kaba – der Plantagentrank‘.
- bei diesem letzten HausGrundlegend mit allen Nachweisen: Kirsten Leuenroth: Das Robinson-Crusoe-Haus, in: Projekt Böttcherstraße,hrsg von Hans Tallasch, Delmenhorst 2002, S. 197-207. Anekdotisch erzählend: Heinrich Schmidt-Barrien: Von der Bremer Böttcherstraße, Bremen o.J. (1998), S. 49-53; Zeitgenössische Artikel in Tageszeitungen und Zeitschriften: Karl Lerbs: Das Robinson-Crusoe-Haus in der Bremer Böttcherstraße, in: Hamburger Fremdenblatt, 2.Juni 1931; Ernst Müller-Scheessel: Das Robinson-Crusoe-Haus und das Haus Atlantis in der Böttcherstraße zu Bremen, in: Niedersachsen 36, 1931, S. 438ff.
Das Äußere
An diesem Haus,Bauakten mit Rechnungen, Pläne und Entwurfszeichnungen sind im Archiv der Böttcherstraße erhalten (s. unter den Signaturen 1.1.1. und 2.2.1.) welches sein Projekt Böttcherstraße abschießen sollte, beteiligte Ludwig Roselius sich auch als Entwerfer. Nach Überlieferung seiner Tochter Hildegard geht die hoch aufragende Backsteinfassade zur Martinistraße auf ihn zurück. Einziger, aber auffälliger Schmuck waren hier zwei vergoldete Delphinskulpturen am Traufansatz und vier Elefantenköpfe als Konsolen eines großen Erkers in Höhe des 1. Obergeschosses. Beide, Exotik‘ vermittelnden Arbeiten sind die einzigen originären Beiträge Bernhard Hoetgers zum Robinson Crusoe-Haus. Von Ludwig Roselius stammt auch die Vorgabe, die Fassade zur Böttcherstraße in Kontrast zur Fassade an der Martinistraße in Backstein-Fachwerk auszuführen. Besonderen Wert legte er auf die Ausgestaltung der Balkenköpfe und Windbretter mit Motiven, die von norwegischen Stabkirchen übernommen wurden, um eine programmatische Entsprechung zum gegenüber aufragenden Lebensbaum am Haus Atlantis zu zeigen. Hierzu wurde auch eine Nische mit Sitzbänken in die Wand eingelassen, von der aus man die Fassade des Atlantis-Hauses betrachten sollte. Auf gleicher Höhe wird die Bank von zwei Aquarien gerahmt. Sie wiederum dienen als Sockel für zwei Raubkatzenbronzen Bernhard Hoetgers: Silberlöwe den Tag – und Panther die Nacht tragend.
- An diesem Haus,Bauakten mit Rechnungen, Pläne und Entwurfszeichnungen sind im Archiv der Böttcherstraße erhalten (s. unter den Signaturen 1.1.1. und 2.2.1.)
Die ‚Crusoe-Halle‘
Das Innere des Robinson-Crusoe-Hauses entspricht in seiner Gestaltung mehr der vornehm zurückhaltenden Fassade zur Martinistraße. Von hier war ursprünglich auch der Eingang in eine sich durch Arkaden zur Straße hin öffnende Halle geplant. Diese Halle diente als Ausstellungs- und Verkaufsraum für Produkte der HAG. Eine direkte Verbindung von Haus und Romanfigur Robinson-Crusoe schuf der Bremer Maler und Bildhauer Theodor Schutz-Walbaum: Er hat sechs Szenen der Geschichte auf großformatigen Holztafeln die Geschichte im Auftrag von Ludwig Roselius dargestellt. Die letzte Tafel ist ‚Die Heimkehr – der Geist der Hansa zu Bremen‘ betitelt und von Schulz-Walbaum 1932 signiert. Unübersehbar weht die Bremer Speckflagge über Robinsons Kopf. Auf einer anderen Ebene wurde mit dieser Geschichte auch ein positives Bild der unter damaliger Kolonialherrschaft stehenden Gebiete transportiert. Roselius hat sein Vermögen mit den ‚Kolonialwaren‘ Kaffee und Kakao erworben. Bezeichnend ist daher, dass die Halle mit den Tafeln ab 1937 für sein Produkt ‚Kaba – der Plantagentrank‘ als Schauraum benutzt wurde, die gesamte Straße betrachtend symmetrisch zum ‚Propaganda-Raum‘ für Kaffee HAG am anderen Ende. Nach dem Krieg diente der Raum vorwiegend für kunsthandwerkliche Ausstellungen. Heute hat dort eine kleine Privatrösterei für Kaffee ihr Geschäft mit Ausschank.
Das erste Obergeschoss
Ausbauen ließ Ludwig Roselius das Robinson-Crusoe-Haus von der Bauabteilung der Böttcherstraße unter der Leitung des Architekten Karl von Weihe. Bei der Einrichtung arbeitete er mit dem Architektenduo Runge & Scotland zusammen. Sie schufen eine gediegen zurückhaltende, gleichzeitig aber luxuriös repräsentativ anmutende Ausstattung im Zeitgeschmack der frühen 30er Jahre. Die oberen Geschosse dienten dem von Roselius mitgegründeten ‚Club zu Bremen‘ als Heimstatt und repräsentativer Empfangsort. Nach dem Muster eines britischen Herrenclubs sollte sich hier die geistige und wirtschaftliche Elite Bremens zusammenfinden. Im ersten und zweiten Obergeschoss war das Robinson-Crusoe-Haus über eine Brücke mit dem Haus Atlantis verbunden, wo sich weitere Räumlichkeiten des Clubs befanden. Diese Brücke war das Pendant zur Brücke von Paula-Becker-Modersohn-Haus zum HAG-Haus und ermöglichte einen Rundweg in Innenräumen durch alle Häuser der Böttcherstraße, hier sogar in zwei Geschossen. Die Glasfenster mit zwei stilisierten Schwänen schuf Georg K. Rohde. Auf- und abstrebend symbolisierten sie Ebbe und Flut.
Betrat man aber von der Böttcherstraße aus das Robinson-Crusoe-Haus gelangte man in das Treppenhaus und wurde von einer aufwendigen Nagelbildarbeit auf dunklem Nussbaumholz mit hanseatischen Motiven und Sprüchen sowie dem Wappen des Hausherrn überrascht. Die Wände waren mit Obernkirchner Sandstein verkleidet. Die Treppe führte im ersten Obergeschoss rechts zu einer Bar und weiter zu einem Übergang in das Haus St. Petrus und links zum großen Speisesaal des Clubs zu Bremen. Dieser fast sechs Meter hohe Raum stellte den gestalterischen Höhepunkt von Runge & Scotlands Arbeiten für die Böttcherstraße dar. Die kassettierte Wandvertäfelung aus Edelhölzern und die Balkendecke sowie die auffällig großen Fenster mit breiten Sandsteinstegen gaben dem Speisesaal eine ein äußerst repräsentatives Ambiente. Dazu fügten sich auch ein großdimensionierter und handwerklich aufwendig gearbeiteter Kamin sowie kostbare ‚altniederländische Gemälde‘ an den Wänden.Karl Lerbs a.a.O. Besonders zu erwähnen sind die farbigen Glasmalereien in der Mitte der vier Fenster. Georg K. Rohde schuf nach Themenvorgaben von Ludwig Roselius Scheiben mit Allegorien auf Handel und Schifffahrt, eine Darstellung mit Robinson und Freitag sowie eine Wappenscheibe.
- an den Wänden.Karl Lerbs a.a.O.
04_1_1_3 Robinson-Crusoe-Haus, Clubspeisesaal, Fenster Handel und Schiffahrt (Georg Karl Rhode 1931)
Das zweite und dritte Obergeschoss
Der kleinere Raum nach Norden wurde von Runge & Scotland als Billardraum für den Club eingerichtet, der große Raum nach Süden Vogeler-Saal benannt. Dort wurden neun Gemälde des Worpsweder Künstler gezeigt, die beispielhaft die Entwicklungsstufen seines Werkes bis hin zur Gegenwart repräsentierten. Im Mittelpunkt stand eines der bekanntesten Gemälde des Jugendstilkünstlers: ‚Das Konzert‘ von 1905 im Originalrahmenaufbau mit klassizistischen Pilastern, Dreiecksgiebel und Girlandenschmuck.
Die wichtigsten Künstler, die an der Errichtung der Böttcherstraße mitgewirkt hatten, bekamen hier noch einmal einen Auftrag, allen voran Runge & Scotland, dann Bernhard Hoetger, Theodor Schulz-Walbaum und Georg K. Rohde. Innerhalb des Projekts Böttcherstraße erfüllt das Robinson-Crusoe-Haus einen weniger programmatisch – weltanschaulichen Zweck als das Paula-Becker-Modersohn-Haus oder das Haus Atlantis. Ludwig Roselius wollte sich hier als Bremer Kaufmann ein Denkmal setzen, indem er dem von ihm mitinitiierten Club zu Bremen eine überaus repräsentative und dabei hanseatisch gediegene Heimstatt schuf.
Die Nutzung nach dem Zweiten Weltkrieg
Bis auf die Halle im Erdgeschoss brannten alle Innenräume beim großen Bombenangriff am 7. Oktober 1944 aus und waren unwiderruflich verloren. Die Gemälde Heinrich Vogelers und die Tafeln Theodor Schulz-Walbaums waren evakuiert worden. Der Wiederaufbau durch die Kaffee HAG dauerte bis 1954 und steht für eine veränderte Nutzung. Die Grundrisse im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss blieben erhalten, aber einer kommerziellen Nutzung zugeführt und als Büroräume und Wohnungen umgebaut und vermietet. Seit den späten 50er Jahren nutzte die Böttcherstraße GmbH die jetzt sogenannte Crusoe-Halle im Erdschoss als repräsentativen Rahmen für kunsthandwerkliche Verkaufsausstellungen. In den 2010er Jahren bezog eine Filmproduktionsgesellschaft das gesamte Haus bis auf die Crusoe-Halle, wo eine kleine Kaffeerösterei ihren Verkauf und Ausschank einrichtete und so an das Produkt anknüpft, dem die Böttcherstraße letztlich ihre Entstehung verdankt.